Kleinblatt

Stuttgarts erste vertikale Farm krempelt den Gemüseanbau um

Taufrische Keimlinge born and raised im Kessel: Stuttgarts erste vertikale Farm krempelt den lokalen Gemüseanbau um.

Foto: Ronny Schönebaum

Wer in der Gemüseabteilung des Supermarkts genauer hinschaut, stellt schnell fest: Der Salat kommt aus Italien, die Tomaten stammen aus Holland und Champignons aus Polen. Das muss doch auch anders gehen, dachte sich Mauricio Ojeda (re.), der Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim studiert hat.

Gemeinsam mit seinem ehemaligen Kommilitonen Jedrzej Cichocki (li.) gründete er das Start-up Kleinblatt. Die Idee: Lebensmittel regional, effizient und nachhaltig anbauen. Und zwar in einer vertikalen Farm mitten in der Stadt.

In den letzten zwei Jahren produzierte und lieferte das Team erfolgreich Keimlinge und Pilze an Sternerestaurants in Stuttgart und Umgebung. Die Pflänzchen kommen mitsamt Wurzel und Nährboden daher und können so bei Bedarf frisch geerntet werden. Dabei kommt die Lieferung ganz ohne Einweg-Plas­-tik aus: Kleinblatt liefert in sogenannten Channels – Schalen aus Hartplastik – die nach der Lieferung eingesammelt und wiederverwendet werden.

Und warum Keimlinge? „Keimlinge werden im Gegensatz zu herkömmlichem Gemüse erst nach ein bis zwei Wochen geerntet, nehmen so mehr Nährstoffe auf und eignen sich gut als Topping für Salate und andere Gerichte“, erklärt Mauricio Ojeda. Außerdem sind sie richtige Energiesparer: Nach sieben bis 21 Tagen sind sie erntebereit und verbrauchen damit viel weniger Energie als etwa Tomaten.

Mittlerweile besteht das Kleinblatt-Team aus fünf Personen – alle kennen sich schon vom Studium in Hohenheim. Und auch der Kundenkreis von Kleinblatt hat sich erweitert: Was bisher nur der gehobenen Gastronomie vorbehalten war, kommt jetzt auch in den Küchen von Stuttgarter Normalos an. Im neuen Ladengeschäft in der Silberburgstraße können jetzt Pilze und Keimlinge „frisch vom Feld“ gekauft werden.

In Regalen wachsen dort die Pflanzen vom Boden bis zur Decke, nicht wie gewohnt horizontal auf der Erde. So kann auf den Quadratmeter gerechnet bis zu fünfmal so viel angebaut werden. Und: „Dadurch sparen wir auch bis zu 90 Prozent Wasser ein, denn es läuft von oben nach unten, kann dann aufgefangen und wiederverwendet werden“, erklärt Ojeda.

Ein weiterer Pluspunkt: die kontrollierbare Umgebung. „Wir können die Bedingungen wie Temperatur, Licht und Feuchtigkeit genau kontrollieren“, erklärt der Agrarwissenschaftler. „Und so das ganze Jahr über wetter­-unabhängig produzieren.“ Das Beste: Der Prozess funktioniert ohne komplizierte Lieferketten, lange Transportwege und hat damit auch einen geringeren CO2-Ausstoß zur Folge.

Doch das Start-up geht noch einen Schritt weiter: „Wir arbeiten auch nach dem Zero-Waste-Konzept“, so Ojeda. „Die Pflanzen wachsen auf Hanfmatten, die dann für die Pilzproduktion weiterverwendet werden.“ Biomüll, der durch den Anbau entsteht, wird ebenfalls zu Pilz-Futter. Der Kreislauf funktioniert also ganz ohne Müll und Einwegplastik – wenn die VerbraucherInnen mitspielen. „Den GastronomInnen beizubringen, dass sie die Channels nicht wegwerfen dürfen, war bisher unsere größte Herausforderung“, erzählt der Gründer.

Im Angebot hat Kleinblatt aktuell 25 Keimlingsorten, darunter Roter Amaranth, Radieschen, Rettich und Weizengras sowie zwei Pilzsorten – dabei soll es aber nicht bleiben, freut sich Ojeda. „Da steckt noch richtig viel Potenzial drin.“ 

 

Kleinblatt [Silberburgstr. 163, S-West, www.kleinblatt.jimdosite.com, @klein.blatt]

Mehr Storys, Tipps und News aus Stuttgart in der Ausgabe LIFT 12/23

Den ganzen Artikel gibt’s in der Ausgabe LIFT 12/23
LIFT im Dezember 2023

Einzelausgabe E-Paper

Sofort als PDF lesen

  • Kosten pro Stück: 1,80 €

Einzelausgabe Print

Dein LIFT im Briefkasten

  • Kosten pro Stück: 3,60 € zzgl. Versand

LIFT-Abo

12 Mal im Jahr Print & E-Paper
42,00 € pro Jahr

Jetzt bestellen

...